Spinnweben

 Ich habe sicher schon 10x angefangen, diesen Text zu schreiben... 

 

Jetzt habe ich genug.

Ich habe alles gelöscht und beginne von vorne. Also lasse ich jetzt los und fange einfach an.

Meine Finger machen ihren Job, und was auch immer dabei herauskommt, es wird nie perfekt sein – aber das ist okay.

Dieser Text muss nicht alles auf den Punkt bringen, was ich aus mir herauszuholen versuche.

Er ist einfach nur ein erster Schritt, den ich gerade gehe um das in Worte zu fassen was mich diese Woche gefressen und ausgespuckt hat als wäre ich ein Nichts.

Egal wie Andere darüber denken.

Genau so denke ich darüber.

 

Vor ein paar Wochen hatte ich wieder das Glück, mit der wundervollen Elena Frizler zusammenzuarbeiten. Sie ist ein Mensch, der nicht nur mit dem Auge sieht, sondern mit dem Herzen fühlt. Obwohl wir Freunde sind, erzähle ich ihr nicht immer, was in mir vorgeht.

Aber sie sieht es, sie spürt es. Und das spiegelt sich in ihren Bildern wider.

Diese Bilder... sie haben in mir etwas erschüttert.

Sie zeigen genau das, was mich momentan beschäftigt. Deshalb dienen sie mir heute als Bild für mein Gefühl.

Ich hänge fest.

Wortwörtlich.

 

Angst.

 

Ein scheiss Gefühl.

Denn ich stehe vor Dingen, die mich so ausgeliefert fühlen lassen. 

Obwohl die Situation eine ganz andere ist als früher wo ich mich so fühlte, ist das Gefühl, diese Angst ausgeliefert zu sein die Gleiche.

Das Schlimmste ist, ich weiss, dass mir eigentlich nichts mehr passieren kann, wofür ich nicht mindestens drei Auswege parat hätte.

Also ist diese Angst so unbegründet.... nicht?

Ich habe Pläne, viele Pläne. Selbst wenn alles anders kommt, hatte ich nie Angst, meinen Weg zu finden. 

 

Doch hier liegt der Widerspruch, der mich momentan so aus der Bahn wirft.

Ich habe immer einen Weg gefunden, egal wie ausweglos eine Situation erschien. Ich habe mittlerweile einen ganzen Urwald von Netzen gesponnen um auf alles vorbereitet zu sein.

Trotzdem...oder genau dadurch habe ich meine Leichtigkeit scheinbar verloren, Dinge einfach anzunehmen und anzugehen. Jetzt ist da plötzlich diese riesige Angst in mir.

Angst, zu scheitern, weil ich etwas nicht bedacht habe.

Angst, dass mich auf etwas nicht vorbereitet habe.

Dass etwas auftaucht, das ich nicht kontrollieren kann.

Das ist absolut untypisch für mich. 

Und es verunsichert mich zutiefst.

Die grösste Angst habe ich vor meiner eigenen Reaktion, ich werde keinen weiteren Angriff mehr tolerieren. Mein Umfeld hat in der näheren Vergangenheit schon merken müssen, dass ich mittlerweile nicht nur aushalte sondern auch angreife.

Spinnennetze sind dünner als ein menschliches Haar und doch um ein Vielfaches stärker als Stahl, das wird ja wohl reichen mein Biest im Zaum zu halten.... 

Dieses impulsive Biest in mir versuche ich zudem im Zaum zu halten in dem ich mich darauf besinne wer ich bin. Niemand der einfach austickt und um sich schlägt...

 

Oder waren diese Ängste immer Teil von mir und dadurch, dass ich einfach tat habe ich sie ignoriert?

Ist das spinnen meiner Sicherheitsnetze doch einfach das Resultat davon wie sehr ich mich allem gestellt und damit auseinandergesetzt habe?

Ich denke zurück und weiss, dass ich schon so viel geschafft habe, lange bevor ich begonnen habe, mir dieses Netz aus Sicherheiten zu spinnen.

Ich habe immer wieder bewiesen, dass ich stark genug bin, dass ich es schaffen kann – egal, was kommt.

Dieses Netz ist nicht der Grund, warum ich noch hier bin. Es ist nur ein Nebeneffekt meiner Erfahrungen.

Ein Schutz, den ich mir geschaffen habe, weil ich dachte, ich bräuchte ihn. Oder etwas was ich vorgeschoben habe, hinter dem ich mich verstecke.

Doch die Wahrheit ist: Ich war nie wirklich darauf angewiesen. Weder als Schutz noch als Versteck. Es war wohl eher eine Beschäftigung um mich von der Angst abzulenken. 

 

Ich betrachte diese Fäden und es wird mir gerade klar.

Ich verstecke mich.

Ich verstecke mich hinter meiner Vergangenheit.

Ich will nie wieder dorthin zurück, wo ich war, und trotzdem stammen all meine Sicherheiten aus dem Alten.

Kein Wunder, dass ich mich gefangen fühle. Das Biest in mir hat allen Grund, ausbrechen zu wollen.

 

Dieses vermeintliche Sicherheitsnetz ist Schwachsinn....

 

Ich möchte Vorwärts kommen. Wie soll das gehen wenn ich mich an Altes binde. Ich versuche etwas aufrecht zu erhalten was null dem entspricht was ich bin oder was ich mir wünsche.

Ich möchte tun was mir liegt und Freude macht. Ich liebe meine Arbeit, doch was noch? 

Ich möchte das Leben einfach wieder geniessen und wieder Dinge unternehmen. Wandern, tanzen, reisen....

 

Und jetzt? Jetzt stehe ich hier, gefangen und doch frei, verwirrt, aber wissend, dass der nächste Schritt kommt.

Ich könnte dieses Netz wegschlagen, und das wäre ganz einfach.

Dann ist da wieder der Gedanke: Vielleicht brauche ich es ja doch noch, zumindest ein bisschen. Die ganze Arbeit soll sich ja gelohnt haben....

Nicht als Versteck, sondern als Erinnerung daran, dass ich sicher bin.

 

Was bleibt, ist die Gewissheit, dass die Spinnweben, die mich umgeben, keine Fesseln sind. Sie dürfen bleiben – aber nicht, um mich festzuhalten, sondern als feine Fäden, die mich an meine Stärke und die vielen Möglichkeiten erinnern (evtl. noch als feine Umarmung, wenn ich mich kurz verstecken möchte).

 

Ja, ich habe Angst. Aber diese Angst ist nur ein Teil des Prozesses. Sie zeigt mir, dass ich mich verändere, dass ich auf etwas Neues zusteuere. Und auch wenn das beängstigend ist, weiss ich tief in mir, dass ich bereit bin. Ich bin bereit, jeder Herausforderung entgegenzutreten. Ich werde die aufkeimende Angst, die mich blockiert, als Freund betrachten. Sie wird mich daran erinnern, tief durchzuatmen, bevor ich den nächsten Schritt mache – einen Schritt, um aus dem Vollen zu schöpfen.

 

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